Stress durch die Eltern

Im Folgenden nennen wir einige Gelegenheiten oder Verhaltensweisen, mit denen Eltern Stress erzeugen, der zu mehr oder weniger ausgeprägten Schulproblemen führen kann:

  • Wenn für schlechte Noten Strafen angedroht werden
  • Wenn schlechte Noten bestraft werden
  • Wenn bei unbefriedigenden Leistungen die Enttäuschung über das Kind zum Ausdruck gebracht wird, statt über das Ergebnis
  • Wenn zu hohe Erwartungen der Eltern vom Kind nicht erfüllt werden können
  • Wenn nicht ausreichend von den Eltern geholfen wird
  • Wenn immer wieder Vergleiche zu Geschwistern, Verwandten, Bekannten gezogen werden
  • Wenn die Eltern kein Verständnis für die Probleme des Kindes aufbringen
  • Wenn die sich Eltern ständig streiten
  • Wenn ein Elternteil das Kind mit seinen eigenen Problemen belastet

 
Sie kennen sicher die bewussten Psycho-Tests in Illustrierten, bei denen man Ihnen - bei Beantwortung von so-und-so-viel Fragen - irgend eine Charaktereigenschaft bescheinigt? Gut. Wenn Sie bei der obigen Liste auch nur einmal “ja” gesagt haben, dann haben Sie alle Vorraussetzungen erfüllt, bei Ihrem Kind Stress zu erzeugen! Und je häufiger so etwas vorkommt, um so stärker wird Ihr Kind beeinträchtigt werden.
 
Für das Anspruchsdenken der Eltern konnten wir im Lauf der Jahre eine Reihe von Gründen verzeichnen. Die wichtigsten sind:

 

Beide Eltern oder zumindest ein Elternteil sind Akademiker mit dem vom Prestige geprägten Anspruch an ihr Kind, es ihnen gleich zu tun. Dabei spielt es für sie sehr oft keine Rolle, ob sich das Kind beim Lernen “schwer tut” oder alles “mit links” macht. Für die Eltern zählt nicht das Bemühen, sondern nur das Ergebnis, sprich die Note. Werden die geforderten Leistungen nicht so problemlos erbracht wie erwartet, klafft die Schere zwischen Anspruch und Wirklichkeit immer mehr, steigt der emotionale Stress kontinuierlich an.

 

Die Eltern haben selbst ”nur” den Hauptschulabschluss oder “nur” die Realschule geschafft und leiden als Erwachsene unter dieser Tatsache. Sie wollen ihrem Kind das gleiche Schicksal ersparen und drängen auf einen Abschluss, der mindestens eine Stufe “höherwertiger” ist! Sie denken, Erfolg wäre schon durch ausreichendes Üben gewährleistet und erzeugen damit permanenten Druck auf ihr Kind.

 

Eltern mit mehreren Kindern, bei denen das erste Kind die Schule ohne jegliche Schwierigkeiten meistert. Die Geschwisterkinder mit Lernproblemen bekommen ständig die glänzenden Leistungen von Bruder oder Schwester als leuchtendes Beispiel vorgehalten. Abgesehen davon, dass die Eltern auf diese Weise ein harmonisches Miteinander der Geschwister sehr erschweren, führt diese Art Vergleiche keinesfalls zu mehr schulischem Engagement bei den betroffenen Kindern. In dem Bemühen, die Eltern nicht ständig zu enttäuschen (und auch, um es dem ”Vorbild” gleich zu tun), werden sie sehr schnell von der Realität eingeholt: Auf Grund ihrer vorhandenen Lern-Leistungsschwäche können sie den gestellten Anforderungen nicht genügen und geben dann - früher oder später - resignierend auf.

 

Wenn Eltern jetzt denken sollten: Wie man es macht, es scheint ja alles falsch zu sein, dann möchten wir an Sie appellieren: Jedes Kind ist ein Individuum, und als solches sollte es behandelt werden! Messen Sie es nicht an anderen und benutzen Sie es vor allem nicht zur Realisierung eigener, nicht wahr gewordener Wünsche und Hoffnungen. Ihre Hilfe sollte das Kind als solche empfinden können und niemals das Gefühl haben, dass die Intensität oder Quantität an liebevoller Zuwendung anhand guter Schulnoten berechnet und verteilt wird. Wenn Sie glauben, bislang so gehandelt zu haben, sollten Sie unbedingt mit Ihrem Kind sprechen und die Verhältnisse altersgerecht klarstellen.

 

Merke:: Es ist ganz sicher nicht falsch, wenn Sie an Ihr Kind gewisse Erwartungen haben, wie es sich allgemein entwickeln sollte, wie es sich in der Familie verhalten sollte, welche schulische Laufbahn es einschlagen sollte, usw. Aber denken Sie immer daran, Ihr Kind ist nicht Ihre Zweitausgabe in klein, es soll nicht Ihre späten Träume realisieren, nein, es ist ein eigenständiger Mensch mit eigenen Wünschen und eigenen Vorstellungen zur eigenen Zukunft. Sie dürfen Ihr Kind auf seinem ersten Lebensabschnitt begleiten und dürfen es für seine Zukunft prägen. Halten Sie sich aber stets ehrlich vor Augen, was Sie bei Ihren Eltern als zuviel an “Prägung” empfunden haben und vermeiden Sie dieses “zuviel” bei Ihrem Kind!

 

...vielleicht belasten Sie Ihr Kind zu sehr mit Ihren eigenen Problemen?

 

Was bedeutet es, wenn Sie Ihr Kind an Ihren Sorgen teilhaben lassen? Zunächst ist es keine (positive) “Teilhabe” sondern eine Belastung im wahrsten Sinne des Wortes. Sie legen mit Ihren Sorgen Ihrem Kind eine schwere Last auf, für die es i.d.R. einfach zu jung ist! Welche Sorgen sind so wichtig, so drückend, dass Sie sie mit einem anderen Menschen teilen müssen? Zerrüttung der Partnerschaft, schwere Krankheiten, existentielle Geldsorgen, und was es da sonst noch gibt. Wenn Sie jemanden brauchen, dem Sie Ihr Herz ausschütten können, suchen Sie sich unbedingt einen erwachsenen Ansprechpartner!

 

Nehmen wir folgenden realen Fall, der uns geschildert worden ist: Ein 14-jähriges Mädchen ist die “einzige Vertraute ihrer Mutter, ihre Freundin”. Bei ihr schimpft sich die 40-jährige über ihren Mann, den leiblichen Vater des Mädchens aus (mit dem sie nach wie vor zusammenlebt). Sie macht ihrem Ekel über sein sexuelles Verlangen Luft (“ich wollte, er wäre tot!”) und bringt ihre Tochter im Lauf der Zeit soweit, dass diese ernsthaft überlegt, wie Rattengift zu beschaffen sei...

Glücklicherweise sind aus diesem psychischen Mißbrauch - anders kann man das Verhalten der Mutter nicht nennen - keine strafrechtlichen Folgen entstanden. Das Verhältnis des Mädchens zu beiden Elternteilen ist seitdem zerrüttet, und geblieben ist der inzwischen erwachsenen jungen Frau mit eigenen Kindern eine tiefe Abneigung zur Mutter (“ich war nur ihr seelischer Mülleimer”) mit gelegentlichen Haßattacken. Die schulischen Probleme, die sich seinerzeit ergeben hatten, sind demgegenüber heute in den Hintergrund getreten.

 

Wir sollten immer bedenken, dass Kinder bezüglich der Probleme Erwachsener eine andere Sichtweise haben. Ein Erwachsener wird z.B. die Frage einer Trennung vom Ehepartner immer anders sehen als das Kind der beiden! So schlimm für eine Frau die Trennung und das unvermeidliche Ende der Ehe sein mag, so trägt sie doch gleichzeitig die Hoffnung auf einen Neuanfang unter besseren Vorraussetzungen in sich. Für das Kind zerbricht eine Welt! Selbst wenn es ständigen Streit erleben muss, ist für das subjektive Empfinden des Kindes eine Trennung der Eltern die schlechteste aller Möglichkeiten, weil ein komplettes Elternpaar für das Kind die heile Welt bedeuten.

 

Wenn wir unser Kind nun an unseren Problemen beteiligen, wird es ständig in höchster Anspannung sein und von Anfang an das Schlimmste fürchten. Heutzutage gibt es wohl kein Kind mehr, das nicht einen Freund, eine Freundin hat, deren Eltern geschieden sind und die die schrecklichsten Geschichten darüber erzählen. Und sobald bei Ihrem Kind der erste Gedanke an eine mögliche Scheidung auftaucht, wird es unter den schrecklichsten Vorstellungen leiden, die sehr häufig in - völlig unberechtigten - Selbstvorwürfen gipfeln! 

 

Nicht viel anders sieht es mit schweren Krankheiten aus. In letzter Konsequenz steht für das Kind der Verlust eines geliebten Menschen. Natürlich dürfen wir unsere Kinder nicht unvorbereitet lassen, aber unverantwortlich wäre es, sie von vorne herein mit unseren Sorgen zu belasten.

Wenn die Probleme vorherrschend und unübersehbar werden und Sie keinen Ausweg finden, ist es immer noch Zeit, das Kind in einem altersgerechten Umfang zu informieren. Wenn Sie nicht wissen, wie Sie das machen sollen, dann wenden Sie sich an eine karitative Organisation, dort wird man Ihnen in der Regel weiterhelfen können.

 

Natürlich erzeugt das eben Geschilderte bei unserem Kind emotionalen Stress mit allen seinen Konsequenzen. 
 

Merke:: Es gibt in unserer Massengesellschaft sehr viele Menschen, die sehr einsam sind. Nicht nur alleinstehende, alte Menschen oder ausgegrenzte Obdachlose, nein, Menschen wie du und ich, Menschen mit Familien und Freunden, denen wir tagtäglich am Arbeitsplatz begegnen. Und trotzdem haben sie niemanden, dem sie einfach einmal das Herz ausschütten könnten, vom Ärger mit dem Partner, vom Streit mit der Schwiegermutter, von der Angst vor der Krankheit berichten können. Bedauernswerte Menschen.

 

Mitleid ist allerdings dann nicht mehr angebracht, wenn diese Menschen ihre Kinder mit ihren Problemen belasten! Kinder können sich nicht wehren, nehmen das, was sie vom Menschen ihres Vertrauens erfahren, für bare Münze, merken nicht, dass man ihnen oft nur die subjektive Wahrheit erzählt, werden auf eine Weise belastet, die ihr ganzes späteres Leben beeinflussen kann, von den aktuell hervorgerufenen Schulproblemen ganz zu schweigen. Es ist unverzeihbarer Egoismus, Kinder mit den persönlichen Problemen zu belasten!

 

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