Selbstbewusstsein

Wie kann ich mein Kind zu mehr Selbstbewusstsein erziehen?

 

Damit können Sie bereits im Säuglingsalter beginnen! Die Bedürfnisse des Neugeborenen sind noch sehr gering: Nahrungszu- und -abfuhr, emotionale Zuwendung und Wärme dürften die Wichtigsten sein. Die einzige Möglichkeit für den Säugling, diese Bedürfnisse zu äußern, besteht im Schreien. Hat er keine Bedürfnisse, wird er ruhig sein. Wird von den Eltern das Schreien nicht gemäß seiner Bedeutung aufgefaßt, wird der Säugling daraus lernen, dass seine Wünsche kein Gewicht haben, dass er es nicht wert ist, dass darauf eingegangen wird! Hier sei besonders auf die sog. Dreimonatskoliken verwiesen.

 

Vergleichbares gilt für das Kleinkindalter. Wenn ein Kind zahllose Male rufen muss, um die Aufmerksamkeit der Mutter zu erwecken, um ihr z.B. einen toll gebauten Turm zu zeigen, wird es entweder bald resigniert aufgeben, oder sich zur ewig quengelnden “Landplage” entwickeln, die unaufhörlich nach der dann zu Recht entnervten Mutter schreit.

 

Schenke ich dagegen meinem Kind die notwendige Beachtung, indem ich seinen Turm bewundere, dann macht es dabei zwei wichtige emotionale Erfahrungen: Zielgerichtetes Handeln (das Aufeinandertürmen der Bauklötze) ist positiv, es wird ja von mir bewundert, also gelobt - und Lob ist eine der besten Triebfedern menschlichen Handelns! - und weil ich mich nach vertretbarer Zeit, also höchstens zwei oder drei Aufforderungen, ihm zugewandt habe, bekommt es ein Gefühl seiner Wertigkeit vermittelt.

 

Dadurch entsteht ein Selbst-Wert-Gefühl, also Selbstbewusstsein. Natürlich werden wir nicht jedesmal Zeit finden, uns unserem Kind in der geschilderten Weise zuzuwenden. Dann sollten wir uns aber zur Regel machen zu erklären, ich kann jetzt nicht, weil ...! Aber Vorsicht, immer nur auf später zu vertrösten, ist in der Konsequenz nicht anders, als gar nicht zu reagieren. Hier kann sich das Kind nur noch negative Aufmerksamkeit z.B. durch Schreien sichern, selbst wenn das Strafen zur Folge haben sollte - auch das ist Beachtung.

 

Wenn die Kinder größer werden, tritt das Streben nach außerfamiliärer Anerkennung in den Vordergrund, ist für manche sogar das erste positive Feedback im Leben. Da wir hier über Kinder mit Schulproblemen sprechen, tritt natürlich der Ansporn durch gute Benotung seltener auf. Um so hilfreicher können sich außerschulische Aktivitäten in Musik- oder Sportvereinen erweisen. 

 

Solange nicht elterlicher Ehrgeiz (wie leider sehr häufig) als Triebfeder hinter diesen Betätigungen steckt, ist Erfolg doch absehbar - und es muss nicht immer nur der erste Platz sein! 
Auch eine Bronzemedaille ist ein toller Erfolg! Anerkennung von sportlichen oder musischen Leistungen bei einem Wettbewerb in Form von individuellen Medaillen oder Urkunden bringt Zufriedenheit und stärkt das Selbstbewusstsein! Aber auch hier ist die elterliche Anerkennung anschließend das „Tüpfelchen auf dem i“! 

 

Den ganz Unbelehrbaren sei hier noch einmal an’s Herz gelegt, dass der folgende (schwäbische) Denkansatz absolut kontraproduktiv ist: „Net gschumpfa is gnua globt!“ (Nicht geschimpft ist genug gelobt!) Im Gegenteil, Lob ist durch nichts zu ersetzen!

 

Wir konnten schon häufig feststellen, dass es in den Familien, in denen auffallend wenig gelobt wird, es für das Kind sehr schwer ist, Gefühle und Bedürfnisse zu äußern. Wir kennen Eltern, die darüber gar nicht so unglücklich sind, denn solche Kinder sind “pflegeleicht”: Wer seine Gefühle zurückhält, lässt sich nicht emotional gehen, und wer keine Bedürfnissse äußert, hat auch keine großen Wünsche, die von den Eltern befriedigt werden müssten.

 

Ich muss also von meiner Umwelt wahrgenommen werden, muss Beachtung finden, ich muss meine Bedürfnisse äußern können und sie müssen mir - zumindest teilweise - gestillt werden (Das gilt vom kleinen Kind bis zum Erwachsenen!). Eines unserer Hauptbedürfnisse, das der emotionalen Zuwendung, ist maßgeblich für unsere gesamte persönliche Entwicklung.

 

Beobachtet man über Jahrzehnte hinweg die kindliche Entwicklung unter dem Aspekt der schulischen Entfaltungsmöglichkeiten, dann ist der Umfang der emotionalen Zuwendung durch die Eltern in der Mehrzahl der beobachteten Fälle ausschlaggebend für den Erfolg des Kindes. Trost und Anteilnahme, Mitgefühl und Verständnis sind die Basis dieses Erfolgs. All das manifestiert sich zunächst einmal durch die Sprache, durch die Kommunikation, die wir in der Familie führen (sollten!). Wenn es alleine hier schon mangelt, hat das durchschnittliche Kind (Ausnahmen gibt es immer) schlechte Karten um ausreichendes Selbstbewusstsein zu entwickeln. Hier finden Sie Näheres über die innerfamiliäre Kommunikation.

 

Merke:: Wie so oft im Leben kommt es auf das richtige Maß an: Eine Erziehung ohne Grenzen bringt nur die Freiheit im engen, familiären Umfeld - um so gravierender werden dann die Grenzen empfunden, die später das Leben setzt! Die gegenteilige, restriktive Erziehung engt das Kind ein, raubt ihm die Spontanität - die Freiheiten, die Schönheiten, die das Leben bietet, werden nie in ihrer ganzen Vielfalt wahrgenommen werden können! Menschen brauchen Vorgaben, richtig gesetzt engen sie nicht ein, sondern geben Halt. Und Halt, innerer Halt, verleiht Selbstbewusstsein! “Kein Mensch ist eine Insel” sagt John Donne, “jeder Mensch ist ein Stück des Kontinents” *), also verbunden mit den anderen Menschen. Wenn wir unserem Kind Selbstbewusstsein auf den Lebensweg mitgeben, wird es inmitten der anderen bestehen können und sich nie wünschen müssen, eine Insel zu sein!

*) John Donne, 1572 - 1631, englischer Schriftsteller und Prediger

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