Lehrer B.

Eine siebte Realschulklasse erhält turnusgemäß neue Lehrer, so auch in Englisch. Dieses Fach ist in der Klasse recht beliebt, was sicher nicht zuletzt auch auf die guten Noten zurückzuführen ist, die im Schnitt etwa bei 3,3 bis 3,5 liegen. Herr B., ein Lehrer mit langjähriger Erfahrung, ist jedoch von den Leistungen der Klasse überhaupt nicht angetan, schon nach der ersten Woche prophezeit er ihr ein böses Erwachen. Das tritt auch nach der ersten Englischarbeit ein: Es hagelt nur so schlechte Noten. Ein Notenschnitt wird nicht mehr angegeben.

 

Die Kinder tauschen sich natürlich untereinander aus und es scheint so, als ob die Noten um eineinhalb bis zwei Stufen im Schnitt gefallen wären. Nachdem der erste Schreck vorbei ist, stellt die Klasse schnell fest, dass sich ein Teil der Klassenarbeit auf Stoff bezieht, der noch nicht durchgenommen worden war. Das interessiert Herrn B. nicht, laut Lehrplan verfügt eine siebte Klasse am Anfang des Schuljahres über ein definiertes Wissen aus den beiden Jahren zuvor und das setzt er hier voraus.

 

Die Erklärung ist relativ einfach. Die Fachlehrerin der beiden vorausgegangenen Jahre war häufig krank und hatte nicht den ganzen vorgeschriebenen Stoff vermittelt, zudem war ihre Benotung sehr großzügig gewesen. Nachdem sich bei den Eltern Widerstand regt, hält eine Kollegin nachmittags zehn Unterrichtseinheiten gegen Bezahlung ab, in denen sie die Grammatik der beiden vergangenen Jahre im Schnelldurchgang vorträgt. Keine Wiederholung in der nächsten Stunde, keine Überprüfung, ob der Stoff verstanden wurde, nichts.

 

Zu der Zeit sind fünf Schüler aus dieser Klasse bei mir, ich bekomme also alles im Detail mit. Herr B. fragt abschließend: Na, habt ihr jetzt alles verstanden? - Die daraufhin folgende Klassenarbeit fällt natürlich um keinen Deut besser aus, es hagelt fünfen. Der Lehrer tobt: Ihr faulen Säcke, ihr wollt bloß nicht lernen. 

 

Vermutlich wird Herr B., wollte man ihn dazu befragen, den Umgangston mit seinen Schülern mit rauh aber herzlich umschreiben. Die Schüler sehen das etwas anders. Seine Stunden sind geprägt von Bemerkungen wie: Na, so blöd kann man doch nicht sein! Fang doch mal endlich an zu denken! Was du wieder für einen Mist erzählst! Diese Äußerungen fallen auch dann, wenn man sich selbst gemeldet hat, aber die Frage nicht korrekt beantworten kann.

 

Reklamiert ein Schüler nach einer Klassenarbeit einen übersehenen Punkt, wird Herr B. ungehalten und bricht das Gespräch ab. Weitere Interventionen sind ergebnislos.

 

Wir haben inzwischen mehrere seiner Schüler betreut und wissen, wie belastend dieser Umgangsstil ist. Bei einem Mädchen hat allein die Möglichkeit, bei einer falschen Antwort vor der Klasse bloßgestellt zu werden, dahin geführt, dass sie es nicht mehr wagt, sich aktiv mit Meldungen am Unterricht zu beteiligen. In der Konsequenz nennt der Lehrer genau das als Begründung für die schlechte mündliche Note.

 

Herr B. liebt es, bei allen Klassenarbeiten Diktate mit einzubeziehen. Abgesehen davon, dass er sich in keiner Weise bemüßigt fühlt, so deutlich zu sprechen, wie man es von einem korrekten Englischlehrer verlangen kann, gibt er den Schülern keine Gelegenheit, sich den Text nach dem Diktat noch einmal durchzulesen. Wer nicht sofort das Blatt umdreht, dem wird es - mit Punktabzug - abgenommen.

 

Ständige Praxis des Herrn B. ist es, den Schülern vor Klassenarbeiten genau den Stoff zu bezeichnen, den er in der Arbeit prüfen wird. So gut wie sicher wird dann dieser Stoff grundsätzlich nicht geprüft! Beschwerden der Eltern bei ihm haben bislang immer nur ergeben, dass sich das Kind verhört haben müsse.

 

Bei einer anderen Arbeit wurde z.B. Grammatik abverlangt, die bislang noch nicht behandelt worden war. Proteste der Schüler wurden im Keim erstickt.

 

Aus Gesprächen mit Lehrern, leider aber auch einzelnen Eltern, wissen wir, dass solches Verhalten als durchaus normal angesehen wird. ”Bei uns war es auch nicht anders! Man muss sich beizeiten auf die Ungerechtigkeiten des Lebens einstellen! Und außerdem, hätten die Kinder alles richtig gelernt, dann hätten sie gewußt, was hier verlangt worden ist!”

 

Gerade in diesem Fall haben wir erlebt, wie unterschiedlich sich solch psychischer Terror (wir können es nicht anders nennen) auf die mentale Befindlichkeit der Schüler auswirkt. Im einen Fall wurde, statt der erwarteten 2 nur eine 3,4 erreicht, während das andere Mädchen auf eine fünf kam. Das ist genau das Ergebnis, mit dem der oben zitierte Personenkreis seine Meinung belegt: Der Eine hat es gelernt, der Andere eben nicht.

 

Wir kennen beide Schülerinnen mit ihrem Leistungspotential, einschließlich ihrer psychischen Verfassung, so gut, um behaupten zu können, dass sie eine faire Klassenarbeit über den relevanten Stoff mit 2, die andere schlimmstenfalls mit 3 hätten schreiben können. Nachdem sich solche Vorkommnisse das ganze Jahr über ereignen, ist die Konsequenz klar: Statt durchaus möglicher und verdienter Noten im Bereich von Gut oder Befriedigend wurden eben nur 3 und 4 bis 5 erreicht!

 

Selbst wenn das Abschlusszeugnis der 7. Klasse nur statistischen Wert hat, dürfen die psychischen Auswirkungen nicht unterschätzt werden. Ein Schüler, der in einem Hauptfach von drei (aus der 6. Klasse) auf vier bis fünf fällt, hat längst begonnen, an seinen gesamten Fähigkeit zu zweifeln, insbesondere dann, wenn er sensibel ist. Nach einem zweiten Jahr mit diesem Lehrer hat sich die Note dann nachhaltig auf vier oder fünf ”stabilisiert”.

 

Merke: Welche Möglichkeit haben Eltern in einem solchen Fall? Bei einem Lehrer mit der Persönlichkeitsstruktur des Herrn B. in einem persönlichen Gespräch so gut wie keine. Er ist zu sehr von seiner Person und der Richtigkeit seines Handelns überzeugt, als dass er Zweifel an seinem Tun und Lassen empfinden könnte.

 

Von einem gemeinsamen Vorgehen aller Eltern halten wir, außer vielleicht in Ausnahmefällen, nichts, da im entscheidenden Moment doch die meisten wieder abspringen. Bleibt als letztes Mittel nur die persönliche Intervention beim Schulamt. Wir haben bereits an anderer Stelle ausgeführt, worauf man dabei achten sollte.

 

 

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