Stephan

Stephan: Die Geburt des Sohnes veränderte das Leben der Familie radikal. Abgesehen von der schweren Geburt folgte während der nächsten Jahre eine Aufregung der anderen. Vom Nicht-Durchschlafen, über sämtliche Kinderkrankheiten, einschließlich Asthma, bis zu ständigen Verletzungen und Unfällen reichte die Schreckenspalette. Und das alles bei der ungeheuren Lebhaftigkeit des Kindes, die manchmal fast nicht auszuhalten war. Der Haussegen hing ständig schief. Als Stephan vier Jahre alt war, gingen die Eltern das erste Mal zur Psychologischen Beratungsstelle. Als Erkenntnis nahmen sie mit: Überdurchschnittlich intelligent, hyperaktiv und möglicherweise Legastheniker. 

 

In der Schule gingen die Aufregungen weiter. Ärger, nichts als Ärger. Die dritte Klasse stellte alles bisher Erlebte in den Schatten. Die neue Klassenlehrerin setzte allem die Krone auf. Stur und uneinsichtig, unterdrückte sie nicht nur Stephan, sondern alle Kinder, vorwiegend die Lausbuben, die nicht ihrem Schema des angepassten Schülers entsprachen. Obwohl Stephan intelligent war, bekam er nie Gelegenheit das zu zeigen. Er sackte in den Leistungen immer weiter ab. In einer unerfreulichen Auseinandersetzung mit dem Rektor eröffnete er den Eltern: Sie sollten eine Schule suchen, in der man mit dem Umgang mit "solchen" Kindern besser vertraut sei! Man wollte ihn also auf die Sonderschule abschieben! 

 

Den Eltern war natürlich bereits damals klar, dass Stephan überaus schwierig war. Er konnte sich nur schlecht oder kaum konzentrieren und war von einem unstillbaren Bewegungsdrang.

Ein Neurologe empfahl  eine Eliminationsdiät. Nach fünf Tagen konsequenter Durchführung  war Stephan nicht mehr wieder zu erkennen! So aufbrausend, unstetig, widerwillig er bisher gewesen war, so umgänglich, verständig, aufgeschlossen war er jetzt! 

 

Nach einiger Zeit stand fest: Milch, Zucker, Schokolade, Nüsse, Zitrusfrüchte, Farbstoffe und einiges andere waren wie das sprichwörtliche Gift für Stephan. Mied er es, war alles gut, konnte er sich nicht beherrschen, ging seine Leistungsfähigkeit wieder gegen Null.

 

Ein Schulwechsel brachte den dringend erforderlichen Einschnitt im Leben, und eine verständnisvolle Lehrerin ermöglichte den Neubeginn mitten im dritten Schuljahr.

 

Sehr erfreulich war seine Bereitschaft zum Verzicht. Man muss sich einmal vorstellen, was es für ein Kind bedeutet, auf einem trockenen Keks zu kauen, wenn alle Klassenkameraden von der Lehrerin zur Belohnung einen Schoko-Riegel bekommen! Aber diese Einsicht in eine unumgängliche Notwendigkeit, deren Wert durch gelegentliche Diät-Ausrutscher nicht geschmälert wird, ist nach unserer Erfahrung auch schon bei kleineren Kindern durchaus vorhanden und kann durch entsprechendes Lob der Bezugsperson noch gefördert werden.

 

So positiv sich alles entwickelte, stellte sich jetzt heraus, dass es da noch etwas anders geben musste, etwas, das parallel zur Nahrungsmittel-Unverträglichkeit (NU) die Lernfähigkeit beeinträchtigte. Selbst zu Zeiten, in denen Stephan von allergischen Reizen so gut wie unbeeinträchtigt war, lag seine Auffassungsfähigkeit deutlich unter seinen Möglichkeiten. 

Viele der lern- leistungsschwachen Kinder sind - ungebahnt, homolateral - tolpatschig wie kleine Bären. Das reicht vom sportlich - spielerischen bis hin zum Gedicht oder Vokabel lernen. Erst wenn beide Gehirnhälften wieder richtig kooperieren, sind die Kinder in der Lage, altersgerechte Leistungen zu vollbringen. Hier kann die Kinesiologie durch die sogenannte Bahnung der Gehirnhälften wahre Wunder vollbringen.

 

Ungebahnt war Stephan nicht fähig z.B. Tischtennis zu spielen, er konnte den Ball nicht ein einziges Mal übers Netz bringen. Nach der Bahnung schaffte er mit 9 Jahren Ballwechsel von 10 bis 20 Schlägen. Vergleichbar weit gesteigert zeigte sich die Lernfähigkeit. Erst jetzt war es überhaupt möglich, an eine weiterführende Schule zu denken.

 

So seltsam es sich zunächst einmal anhört, dass es möglich sein soll, bei (dafür empfänglichen!) Kindern mit Nahrungsmitteln die schulischen Leistungen beeinflussen, so konnte man diesen Effekt bei Stephan nach Belieben hervorrufen: Eine bestimmte Menge Milchprodukte, oder ein paar Lebensmittelfarbstoffe und so prompt, wie beim Erdbeer - Allergiker der Ausschlag nach der ersten Erdbeere kommt, so prompt kam  die allergische Reaktion: aufbrausend, ungeduldig, unkonzentriert. 

 

Von der Erkenntnis bis zur erfolgreichen Anwendung in der Praxis war es noch ein weiter Weg. Jeder nicht als solcher erkannte Diätfehler mit all seinen Konsequenzen schürte bei den Eltern den Zweifel, ob sie denn überhaupt auf dem rechten Weg waren. Die Ziele wurden nicht auf Jahre formuliert, sondern nur auf Wochen im Voraus: Die nächste Mathearbeit, den nächsten Sachkundetest, das nächste Deutschdiktat. 

 

Und trotzdem führte dann der Weg von der Grund- auf die Realschule, nach der mittleren Reife auf das Wirtschafts- und von da nach der elften Klasse auf das Allgemeinbildende Gymnasium.

Aber auch der letzte Schritt auf das AG ging nicht reibungslos, eine ganze Reihe von Schulleitern stellte sich auf den Standpunkt, das Abitur sei bei diesen Vorraussetzungen nicht zu schaffen. Und trotzdem hat Stephan das Abi mit einem Schnitt von 2,7 gemacht. Mit einer zwei in Mathematik und sogar einer eins plus in Informatik studierte er Informatik! 

 

Der Vater sagt: Wer so etwas noch nicht selbst erlebt hat, diese abgrundtiefe Verzweiflung, die die Eltern befällt, wenn sie die künftige schulische Karriere ihres Kindes nur schwarz in schwarz sehen können, die Selbstzweifel, von denen man befallen wird, der kann auch nicht die grenzenlose Erleichterung ermessen, die sich nach jedem weiteren Erfolg zeigt: Die Realschulempfehlung, die bestandene Mittlere Reife, der geglückte Wechsel in’s AG und endlich das Abitur mit einer zwei vor dem Komma! 

 

Auch Stephans Fall zeigt wieder, was möglich ist, wenn die Probleme der Schüler mit den richtigen Maßnahmen gezielt angegangen werden. Unabdingbare Grund-Vorraussetzung ist dabei immer die unermüdliche Bereitschaft einer Bezugsperson (am besten der Mutter), sich um sprichwörtlich alles zu kümmern! Das Kind alleine wäre vollständig überfordert!

 

Merke: Stephan ist ein typisches Beispiel für die Möglichkeiten, die ein AD(H)S-Kind hat. Mit gezielter und konsequenter Umstellung der Ernährung, sowie allen erforderlichen begleitenden Maßnahmen, wie Geduld, Verständnis und umfassender Förderung in allen schulischen Belangen stehen auch diesen Kindern alle Wege offen.

 

 

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