Lehrer V.

Lehrer V.: Und noch ein Brief aus unserem eigenen Archiv. Er spricht für sich selbst:

 

Sehr geehrter Herr V.,

 

wie Sie vielleicht noch wissen, ist mein Sohn einige Wochen nach Beginn des laufenden Schuljahres aus der 6. Klasse der Realschule auf das Gymnasium gewechselt. Wir alle, Eltern und Lehrer (Sie selbst hatten sich bei meiner Frau entsprechend geäußert), waren uns einig, dass dieser Übertritt für meinen Sohn kein Zuckerschlecken bedeuten würde. Jetzt, nach dem ersten halben Jahr, kann man aber, und ich glaube, ohne sich etwas vorzumachen, feststellen, dass er erstaunlich gut die "Kurve gekriegt hat". Natürlich stelle ich mir auf Dauer gesehen noch bessere Leistungen vor, aber ich bin sicher: Das kommt noch!

 

Einen bedeutenden Anteil an der positiven Entwicklung hat auch das Verständnis der beteiligten Lehrkräfte für die nicht alltägliche Situation, in der sich Stephan nach seinem Übertritt befunden hat. Wir haben jede zusätzliche Hilfestellung, jeden Ansporn erfreut registriert. So auch Ihren aufmunternden Zuspruch: "Du schaffst es schon..." unter Stephans erstem Aufsatz. Spontan hat sich meine Frau dafür mit einem Briefchen bei Ihnen bedankt.

 

Heute, Monate später, frage ich mich, ob das nicht vielleicht ein Fehler war. So im Nachhinein gesehen muss ich feststellen, dass etwa ab dieser Zeit für Stephan ein Martyrium in Deutsch begann. Haben Sie etwa diese Zeilen als Verhöhnung empfunden? Nach dem, was ich bislang über Sie und Ihr Verhalten den Schülern gegenüber in Erfahrung bringen konnte, schiene mir das durchaus vorstellbar. Ich kann Ihnen nur versichern, die Äußerung meiner Frau über diese anspornenden Zeilen war absolut nur positiv und ehrlich gemeint.

 

Um so unverständlicher ist mir, wie sich ein erwachsener Mensch, ein Lehrer, seinem Schüler gegenüber so gehen lassen kann, wie Sie! Die Absicht, meinen Sohn Stephan "fertig" zu machen, ist zu offensichtlich!

 

So aufrichtig erfreut wir über das genannte Lob waren, so aufrichtig sage ich Ihnen heute: Wenn Sie nicht umgehend aufhören, meinen Sohn als Zielscheibe Ihrer unverständlichen Aggressionen zu benutzen, werde ich beim nächsten Vorfall eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Sie anstrengen!

 

Ich habe den Eindruck gewonnen, Sie greifen sich, weil Sie die Klasse nicht ruhig bekommen, irgend einen Schüler heraus, und das ist zur Zeit eben mein Sohn. Wenn andere Eltern das bei ihren Kindern hinnehmen, ich tue das nicht! Warum stellen Sie Stephan immer wieder vor die Türe? Warum machen Sie ihn an der Tafel so fertig, dass er vor Verzweiflung nicht aus noch ein weiß? Seine Klassenkameraden sagen: Jetzt hat er dich auf dem Kieker. Aber das akzeptiere ich nicht, nicht mit meinem Sohn. Er verhält sich nicht anders als die anderen. Wenn Sie mit der Klasse nicht fertig werden, liegt das an Ihnen und nicht an den Kindern. Sie sollten mal bei anderen Lehrkräften den Unterricht verfolgen, Sie würden die 6b nicht wiedererkennen!

 

Halten Sie es für pädagogisch richtig, einen Schüler vor und während eines Diktates zu verunsichern, ihn ständig zu kritisieren? Offensichtlich deshalb, damit Sie ihn anschließend wegen der Fehler beschimpfen können!  Andere haben mehr Fehler, bekennen sich offen dazu. Das interessiert Sie nicht, Sie haben Ihr Opfer gefunden. Sie hacken auf ihm herum, traktieren ihn mit Strafarbeiten.

 

Und was soll Ihre unglaubliche Bemerkung vor der ganzen Klasse, Stephan habe noch nicht das Niveau der Anderen? Selbst bei Ihrer ungerechten Benotung der Klassenarbeiten meines Sohnes kann von einem noch nicht erreichten Klassenniveau überhaupt keine Rede sein! Sie erzeugen für meinen Sohn eine ständige Stresssituation, beleidigen ihn unablässig, versuchen ihm zu suggerieren, er könne die Leistungen für das Gymnasium nicht bringen, er würde rundum versagen.

 

Die Zahl Ihrer pädagogischen Fehlleistungen ist Legion! Wie können Sie sich erdreisten, zu meinen Sohn und einer Klassenkameradin zu sagen, sie sollten sich zusammentun, heiraten und dann mit ihren Kindern eine Schule für Idioten aufmachen?! Das, sehr geehrter Herr V., ist ein Vorfall, bei dem ich mir noch offenhalte, ob ich ihn nicht bei einem ordentlichen Gericht zur Anzeige bringe!

 

Der Anlass für diese unglaubliche Entgleisung lässt tief blicken: Die beiden Schüler hatten die Hausaufgaben nicht Ihren Vorstellungen entsprechend gemacht. Und als Sie anschließend feststellten, dass noch mehr Schüler das Gleiche gemacht hatten, ließen Sie die Sache auf sich beruhen... . Keine Entschuldigung, nichts.

 

Freut es Sie zu erfahren, dass er aus Angst vor neuen Demütigungen immer unruhiger wird, dass sich sein nervöses Augenzwinkern immer mehr verstärkt? Befriedigt es Sie zu hören, dass ihm der Unterricht bei Ihnen eine psychische Qual ist? Genießen Sie die Macht, die Sie über einen 11-jährigen Schüler glauben ausüben zu können?

 

Allen Ihren Äußerungen ist anzumerken, Sie wollen verletzen, kränken. Das ist blinder, hilfloser Haß, der versucht, an einem Einzelnen, Schwächeren abzureagieren, was er bei der Masse nicht erreicht. Sind Sie sich denn nicht bewusst, wie fließend die Grenze zur psychischen Mißhandlung ist?!

 

In diesem Zusammenhang erinnere ich mich an ein Zitat von Ihnen aus der Schülerzeitung: "Ich weiß, ich bin gemein, mies, brutal und hinterhältig, aber ist das denn nicht auch human?" Mir ist also durchaus bekannt, welchen Ruf Sie an der Schule haben und auch selbst pflegen. Sollten Sie dem, als Reaktion auf mein Schreiben, weiter nachkommen wollen, darf ich Sie jetzt schon darauf hinweisen, dass ich umgehend reagieren werde! Was ist das überhaupt für ein pädagogisches Armutszeugnis! Aber Sie dürfen sicher sein, dass ich bei Bedarf entsprechend davon Gebrauch machen werde!

 

Jetzt liegt die Entscheidung bei Ihnen: Entweder verhalten Sie sich Stephan gegenüber in Zukunft freiwillig korrekt oder ich werde es mit allen Mitteln erzwingen!

 

Sollten Sie meinen Sohn auf dieses Schreiben ansprechen, weiß ich, dass Sie die Konfrontation suchen.

 

Mit freundlichem Gruß


Kurz darauf führten wir ein Gespräch mit dem Vertrauenslehrer dieser Schule. Als Rat gab er uns mit: “Wir wissen, wie der Herr V. ist, aber wir können ihn nicht ändern. Sie müssen dafür sorgen, dass Ihr Sohn entsprechend abstumpft, dass er die Schikanen ertragen kann!” (Wörtliches Zitat!)

Heute werfe ich mir vor, dass ich es habe bei diesem Brief habe bewenden lassen! Allerdings hat sich Herr V. unserem Sohn gegenüber großer Zurückhaltung befleißigt.
 
Merke: Eltern handeln mehr als fahrlässig, wenn sie ihr Kind solchem Druck wie oben geschildert ohne nachhaltige Hilfe aussetzen! Es gibt nicht nur körperliche, es gibt aus seelische Misshandlung. Beides ist nach dem Gesetz mit Strafe belegt!

 

 

Urlaub am schönen Bodensee: Ein Ziel von vielen: Ein Ausflug zum Affenberg!

Druckversion | Sitemap
Texte unterliegen - soweit nicht anders angegeben - dem Copyright von Peter Pflug, Salem. Veröffentlichung nur mit Quellenangabe. Die Rechte an den Bildern liegen bei den verschiedenen Autoren.