Waldorfschule

Man wirft der Regelschule vor, durch die Notengebung, durch den ganzen Unterrichtsaufbau würde Stress erzeugt, den Kindern würde die Freude am Lernen, ja am Leben genommen, usw. Wir können nicht beurteilen, wie die Masse der Waldorfschüler ihre Schulzeit empfindet, oder wie sie die Realität des Lebens nach der Ungezwungenheit ihres Schullebens bewältigt. Wir mussten aber feststellen, dass der dort praktizierte Schulalltag für lern-leistungsschwache Kinder keine Hilfe darstellt.
 
In den einzelnen Schulklassen sind bis zu 40 Kinder, die bis zur 8. Klasse beisammen bleiben, Hauptschüler, Realschüler, Gymnasiasten. Der Unterricht wird in Blöcken, den Epochen, abgehalten. Dabei wird wochenlang nur Deutsch, dann nur Mathematik, usw. unterrichtet. Ab den ersten Grundschulklassen wird Englisch und Russisch gelehrt. An Stelle der üblichen Zeugnisse gibt es äußerst umfangreiche Beurteilungen mit bis zu 4 Seiten DIN A4 Text.
 
Für den Schüler, der druckfreies Lernen in Eigenverantwortung schätzt und realisieren kann, kann diese Schulform ein Gewinn sein, das wollen wir nicht in Frage stellen. Unser lern- leistungsschwaches Kind ist hier überfordert. Den Lehrern bleibt das ständig wachsende Leistungsdefizit, wie aus uns vorliegenden, ausführlichen Zeugnisbeurteilung ersichtlich, zwar auch nicht verborgen, aber mit Appellen, wie "Defizite, die er im nächsten Jahr durch fleißiges Lernen wieder aufholen sollte", wird nichts, aber auch gar nichts erreicht. Wir haben Waldorfschüler erlebt, die in der vierten Klasse nur über wenige Buchstaben sicher verfügten, infolgedessen keinen einzigen Satz schreiben konnten, nach vier und fünf Jahren Englisch und Russisch kein einziges Wort kannten und trotzdem immer weiter versetzt wurden.
 
Wir haben zwar auch in der Regelschule in den ersten beiden Klassen erlebt, dass offensichtliche Rechtschreibdefizite vom Lehrer mit der Erklärung "das verwächst sich noch" (!) ignoriert wurden, aber so schwerwiegende Defizite, wie die des oben erwähnten Waldorfschülers, scheinen uns in den staatlichen Schulen kaum möglich. Der obligatorische Lehrerwechsel nach zwei Jahren sowie die viel kritisierte (und durchaus verbesserungsbedürftige!) Benotungspraxis sollten dem entgegenstehen.
 
Es ist uns aber unerklärlich, wieso man in der Waldorfschule auch die Schüler, die offensichtlich allergrößte Probleme haben, immer weiter mitzieht. Wenn man für sich in Anspruch nimmt, für die Kinder mehr zu tun, als dies in den staatlichen Schulen der Fall ist, darf man aber nicht die Schwachen außen vor lassen. Schüler, wie der oben angesprochene, wissen zwar, dass ihnen die anderen voraus sind, aber nachdem sie ständig versetzt werden, entsteht der Eindruck, es gehe dennoch voran. Genau das wurde uns von diesen Kindern bestätigt. Am Ende kommt dann für sie das große, das grausame Erwachen, wenn die erworbenen Fähigkeiten nicht einmal für den Hauptschulabschluss reichen.

 

Wir wollen und können keine allgemeine Empfehlung für oder wider die Waldorfschule abgeben. Nur im Hinblick auf unsere Kinder mit Lern- Leistungsschwäche müssen wir feststellen, dass die Probleme, denen sie sich hier gegenübersehen, in der Konsequenz gravierender sind als auf den staatlichen Schulen. Wir können keinen Vorteil darin sehen, dass LLS-Kinder jahrelang streßfreie Schule präsentiert bekommen, aber dafür am Ende, wenn alle Chancen vertan sind, vor einem Scherbenhaufen stehen!

 

Wer diese Äußerung für überspitzt hält, der lese nach, was einem unserer Schüler in der fünften Klasse in’s Zeugnis geschrieben wurde. Nachdem in den vorausgegangenen Jahren nur immer sehr verblümt seine Schwierigkeiten angesprochen wurden, heißt es jetzt auf einmal vom Englischlehrer: “Daß er seine Klasse jemals wieder einholen könnte, ist illusorisch; ...” Die komplette Englisch- und Deutsch-Beurteilung können Sie hier nachlesen.


Wir wollen uns aus Unkenntnis der tieferen Hintergründe der Waldorf-Pädagogik nach Möglichkeit aller Kommentare enthalten. Wir fragen uns jedoch, wie diese Vorgehensweise zu rechtfertigen ist? Nehmen wir den Rechenunterricht. In der zweiten Klasse wird unserem Schüler bestätigt, dass er fleißig mit übt und die “meisten Aufgaben lösen” konnte. In der dritten Klasse wird überhaupt kein Wort über seine Leistungen im Rechenunterricht verloren.

 

Im Zeugnis zur vierten Klasse ist zu lesen: “In den drei Rechenepochen befassten wir uns mit den Grundlagen des Bruch- und Dezimalrechnens. Bei den Textaufgaben aus dem alltäglichen Leben galt es, den richtigen Rechenweg zu entdecken und dann die Regeln sicher anzuwenden.” - Wieder nichts über die gezeigten Leistungen. Im nächsten Zeugnis (5. Klasse) kommt es dafür um so knüppeldicker: “Martin fand noch wenig Zugang zum Bruchrechnen und zu den Dezimalzahlen, da ihm noch Fertigkeiten im Bereich der Grundrechenarten fehlten. Beim Umwandeln von Brüchen in Dezimalzahlen wurde das Komma noch willkürlich gesetzt und Größenverhältnisse noch nicht richtig eingeschätzt. Auch im Kopfrechnen war erlebbar, dass Martin Einmaleinsreihen noch nicht verfügbar hatte und Grundoperationen nur unsicher handhaben konnte. Die Rechenproben bestätigen dies. Um Martins gutwillige Arbeitshaltung sinnvoll einzusetzen, wäre auch in diesem Feld eine Einzelbetreuung anzuraten.!” (Die zitierten Zeugnisse liegen uns in Kopie vor!)

 

Merke: Mit einem Minimum an Einfühlungsvermögen und/oder pädagogischen Kenntnissen waren bei diesem Schüler spätestens in der zweiten Klasse die riesengroßen Schwierigkeiten abzusehen, denen er sich in den kommenden Schuljahren gegenübersehen würde. Hier als Pädagoge untätig zu bleiben, kann nur als unverantwortlich bezeichnet werden.


Wir sprechen, um das ganz deutlich zum Ausdruck zu bringen, aus der Kenntnis von einigen wenigen Einzelfällen, aber wir bezweifeln, ob es anderen lernleistungsschwachen Kindern in anderen Waldorfschulen anders ergeht als den uns bekannten Fällen.

 

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